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Roboterrevolution – gut fürs Geschäft David Freedman

Roboter werden immer günstiger, einfacher zu programmieren und immer geschickter bei neuen Aufgaben, und mehr und mehr Unternehmen setzen sie ein

Gute Nachrichten für alle, die am Wochenende schon einmal stundenlang in einer Reifenwerkstatt darauf gewartet haben, dass ihr Auto in einer der überfüllten Servicebuchten an die Reihe kommt: Die Zeit für einen Reifenwechsel wird sich bald um drei Viertel verkürzen. Möglich wird das durch das Detroiter Start-up-Unternehmen RoboTire, das Robotern das Reifenwechseln beibringt.

Das Unternehmen wird u. a. von der riesigen Reifenkette Discount Tire finanziert und es wird erwartet, dass die Roboter von RoboTire in Reifen- und Autowerkstätten aller Art und Größe zum Einsatz kommen werden. „Denken Sie nur an all die verschiedenen Aufgaben, die Roboter bei der Fahrzeugwartung übernehmen könnten“, sagt Jeff Burnstein, President der Association for Advancing Automation, eines großen globalen Handelsverbands, dem mehr als 750 Unternehmen aus der Robotik und verwandten Bereichen angehören.

Seit General Motors 1961 den weltweit ersten Industrieroboter installiert hat, unterstützen Roboter die Automobilproduktion. Der Unterschied zwischen dem Schweißen von Türen an einem Fließband und dem Reifenwechsel in einer Werkstatt vor Ort ist jedoch gewaltig. So sind beim Reifenwechsel an jedem Fahrzeug, das in die Halle fährt, zahlreiche, sehr unterschiedliche Schritte erforderlich – ganz zu schweigen von dem wirtschaftlichen Unterschied zwischen einer großen Fabrik und einem Reifengeschäft.

Dies ist nur eines der Beispiele für die unzähligen Möglichkeiten, die Robotik und damit verbundene industrielle Automatisierungstechnologien in Fertigungs- und sogar Dienstleistungsunternehmen aller Art und Größe auf der ganzen Welt bieten. „Ganz gleich, ob es um die Montage von Produkten, das Verpacken von Waren für den Versand oder die Reinigung einer Restaurantküche geht: der Bedarf an Robotern wächst", sagt Juan Aparicio, Vice President der Produktabteilung des Robotersoftware-Entwicklers Ready Robotics und ehemaliger Leiter des Bereichs Advanced Manufacturing Automation bei Siemens.

Job-Motoren anstatt Job-Killer

Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 haben Unternehmen in ganz Nordamerika fast 30.000 Bestellungen für Roboter aufgegeben. Das sind Roboter im Wert von etwa 1,5 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von etwa 50 Prozent gegenüber den Roboterumsätzen im Jahr 2020 im gleichen Zeitraum entspricht. Zudem übertrafen die Auftragszahlen für Roboter von außerhalb der Automobilindustrie zum ersten Mal die Bestellungen von Automobilherstellern und machten zwei Drittel aller Aufträge aus.

Die Verlagerung hin zu einem breiteren Anwendungsspektrum von Industrierobotern wird sich noch beschleunigen. Dieser Trend wird durch zwei Entwicklungen im Jahr 2021 noch verstärkt: ein branchenübergreifender Arbeitskräftemangel (mehr als 4 Millionen Arbeitnehmer in den USA haben allein im August 2021 ihre Stelle gekündigt) und globale Lieferkettenengpässe, die Unternehmen dazu veranlassen, ihre lokalen Fertigungskapazitäten zu erhöhen.

 

 

Abbildung 1: Arbeitskräftemangel, Lieferkettenengpässe und wachsende Online-Verkäufe haben zu einer rasant steigenden Nachfrage nach Robotern geführt, die bei der Versandlogistik helfen können (Quelle: FUN FUN PHOTO / Stock.Adobe.com)

Die Experten prognostizieren daher, dass der Roboterboom anhalten wird und dass Roboter in diesem Jahrzehnt weltweit bis zu 20 Millionen Arbeitsplätze in der Fertigung übernehmen werden, wobei jeder eingesetzte Roboter im Durchschnitt 1,5 menschliche Arbeitskräfte ersetzen wird. Die Sache hat jedoch einen Haken: Die gleichen Experten sind sich einig, dass der Produktivitätsschub, den die Unternehmen durch die Roboter erhalten, die Schaffung von Arbeitsplätzen vorantreiben wird, sodass der Nettoeffekt der kommenden Roboterrevolution eine Zunahme der Neueinstellungen bewirken wird. „Die Roboterbestellungen nehmen zu, aber die Beschäftigung ist auf einem historischen Tiefstand, sodass Roboter offensichtlich keine Job-Killer sind“, sagt Burnstein. „Sie werden vor allem die Arbeiten mit sich wiederholenden, unsicheren Tätigkeiten übernehmen, die Menschen nicht machen wollen, und somit bessere Arbeitsplätze für Menschen schaffen.“

Damit sich Industrieroboter vollständig durchsetzen können, müssen jedoch noch einige wichtige Entwicklungsfortschritte gemacht werden. So müssen sie zunächst einmal einfacher zu programmieren sein. Automobilkonzerne und Großkonzerne wie Amazon und FedEx können es sich leisten, Hunderte von Robotikprogrammierern einzustellen, aber die meisten Unternehmen können diese Art von knappem, hochspezialisiertem Fachwissen weder für sich gewinnen noch sich leisten.

Die Robotikindustrie reagiert darauf mit der Entwicklung von Robotersteuerungssoftware, die von jedem mit normalen Computerkenntnissen schneller bedient werden kann. „Die Programmierung von Robotern war bisher halb Wissenschaft und halb Kunst“, sagt Rick Brookshire, Direktor für Produktmanagement und Entwicklung bei Epson Robots, einem großen Hersteller von Industrierobotern. „Deshalb dauerte es Monate, bis ein Unternehmen eine Robotiklösung implementieren konnte. Aber jetzt bieten wir Plattformen zur Anwendungsprogrammierung an, mit denen ein Unternehmen innerhalb weniger Tage einen Roboter in Betrieb nehmen kann.“

Durch die einfachere und schnellere Konfiguration von Industrierobotern lassen sich viele neue Anwendungen erschließen, sagt Aparicio von Ready Robotics. Er weist darauf hin, dass eine komplexe Programmierung für Roboter in Ordnung ist, die über viele Jahre hinweg die gleiche Aufgabe erfüllen sollen, oder für Anwendungen, die in Hunderten von Anlagen eingesetzt werden können, wie z. B. ein Roboter, der eine Fritteuse bedient.

Die meisten Unternehmen brauchen jedoch einen Roboter, den sie einfach für eine bestimmte Aufgabe einrichten und später für andere Aufgaben umprogrammieren können. Diese Anforderung erfüllt unter anderem Ready Robotics mit benutzerfreundlichen Tools für die Anwendungsentwicklung, die auf komplizierteren Programmierumgebungen aufbauen. „Wir müssen die Einstiegshürde für die Roboterprogrammierung beseitigen“, sagt Aparicio. „Selbst wenn man keine Ahnung von Robotern hat und weiß, wie man eine Webanwendung programmiert, sollte man in der Lage sein, einen Roboter einzurichten."

Sehen und Fühlen

Die Programmierung von Robotern wird zwar immer einfacher, aber die ihnen zugewiesenen Aufgaben werden immer komplexer. Das gilt Rick Brookshire zufolge besonders für Roboter, die in der Elektronik- und Biomedizinproduktion eingesetzt werden. „Da die Komponenten in Produkten wie Computerfestplatten, Hörgeräten und DNA-Testgeräten immer kleiner werden, steigen die Präzisionsanforderungen an die Roboter zur Handhabung dieser Teile", sagt er. Während herkömmliche Roboter auf ein Zehntel eines Zolls genau sein müssen, müssen die Roboter bei diesen präziseren Aufgaben jede Abweichung in ihrer Bewegung auf ein Zehntausendstel eines Zolls eingrenzen", erklärt er.

Hinzu kommt, dass bei diesen anspruchsvolleren Aufgaben nicht mehr der Luxus besteht, die exakt gleiche Bewegung an der exakt gleichen Stelle wiederholen zu können. Konventionelle Roboter wurden in der Regel an Fließbändern eingesetzt, um Teile zu handhaben, die in gleichbleibender Position vorbeiziehen, während die heutigen Roboter oft Dutzende von Komponenten aufnehmen müssen, deren Position oder Ausrichtung auf unvorhersehbare Weise variieren kann. Außerdem müssen die mobilen Kommissionierroboter, die bei Amazon und in anderen Lagern immer häufiger zum Einsatz kommen, nicht nur Objekten ausweichen, die sich in ihrem Weg befinden, sondern auch in der Lage sein, Pakete in den unterschiedlichsten Formen, Größen und Positionen zu greifen.

 

 

Abbildung 2: Aufgrund der kleinen Teile und extrem feinen Merkmale von Elektronikprodukten werden Roboter mit immer größerer Präzision benötigt (Quelle: xiaoliangge/Stock.Adobe.com)

Daher besitzen Roboter heute häufig eine oder mehrere Kameras, um Bauelemente und deren Lage sowie die Umgebung des Roboters zu erfassen. Außerdem sind sie mit „Kraftsensoren“ an ihren Greifern ausgestattet, mit denen sie tasten und „fühlen“ können, ob sie einen Gegenstand richtig greifen. Parallel dazu steuert eine immer ausgefeiltere „Motion Planning“-Software die Räder, Arme und Greifer von Robotern und greift dabei auf visuelle und taktile Rückmeldungen zurück, um Bewegungsabläufe zu planen. „In der Vergangenheit bestand das Ziel darin, das Bekannte zu automatisieren“, sagt Aparicio. „Jetzt automatisieren wir das Unbekannte.“

Machine Learning, Computer Vision und andere Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI) werden für diese Funktionen immer wichtiger und verschieben die Grenzen dessen, was Roboter leisten können, immer weiter. „Roboter werden immer intelligenter, und das bedeutet, dass sie immer besser erkennen können, was vor ihnen liegt“, sagt Burnstein. Er fügt hinzu, dass die Sprachverarbeitung und andere KI-gestützte Fortschritte die Roboter immer näher an den Tag bringen, an dem man sie nur noch in einfachem Englisch darum bitten muss, eine Aufgabe zu erledigen – wenngleich diese Fähigkeit noch ein Jahrzehnt oder mehr entfernt sein könnte.

Roboter kamen lange Zeit nur in größeren Fertigungsbetrieben zum Einsatz und dringen nun auch in kleine Unternehmen vor. Sie sind nicht nur immer einfacher einzurichten und zu programmieren, sondern auch in der Anschaffung immer preiswerter geworden. Während früher selbst die Anschaffung eines einzigen Roboters Hunderttausende von Dollar kostete, kann ein Unternehmen heute einen Industrieroboter für weit unter 10.000 Dollar anschaffen. Der günstigste Roboter von Epson kostet sogar nur 7.500 Dollar, so Brookshire.

Mindestens ebenso wichtig ist die Tatsache, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen durch die Möglichkeit ändern, verschiedene Aufgaben im laufenden Betrieb auszuführen. Im Gegensatz zu einem großen Hersteller, der für die Rechtfertigung der Kosten eines Roboters Zehntausende von Produkten gleichzeitig herstellen muss, benötigen kleine Unternehmen in der Regel einen Roboter, der kosteneffizient an einer Bestellung von nur Dutzenden von Einheiten arbeiten kann, bevor er zu einer anderen Serie wechselt. „Wenn die Losgrößen schrumpfen und die Produktvielfalt zunimmt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich der Roboter sofort auf die Änderung einstellen kann“, sagt Brookshire. Hinzu kommt, dass einige Robotikunternehmen darüber nachdenken, die Anschaffungs- und Betriebskosten ganz abzuschaffen und stattdessen Roboter als Dienstleistung anzubieten, die den Unternehmen als eine Kombination aus monatlichen und aufgabenbezogenen Gebühren in Rechnung gestellt werden.

Roboter als Kollegen

Es bleibt jedoch eine Frage offen, die die Robotikbranche beschäftigt: Können Roboter neben menschlichen Mitarbeitern arbeiten, anstatt an Stationen oder auf Wege beschränkt zu bleiben, die aus Sicherheitsgründen abgesperrt sind, wie es lange Zeit üblich war? Die Vorstellung von solchen kollaborativen Robotern, den so genannten Cobots, ist verlockend. Die Roboterhersteller arbeiten daher intensiv daran, Hardware- und Softwaresicherheitsfunktionen zu entwickeln, die das Unfallrisiko hinreichend verringern, um diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Roboter können zum Beispiel so programmiert werden, dass sie stehen bleiben, wenn sie einen Menschen in der Nähe erkennen.

 

 

Abbildung 3: Die meisten Roboter können heute zwar noch nicht sicher mit einem menschlichen Mitarbeiter zusammenarbeiten, aber mit der Zeit wird die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter durch neue Sicherheitsvorkehrungen und eine bessere Ausbildung der Mitarbeiter zur Normalität werden (Quelle: Zoran Mircetic/Stock.Adobe.com)

Die Experten warnen jedoch vor einer zu schnellen Vermischung von Menschen und Robotern. „Kein Roboter kann von sich aus perfekte Sicherheit bieten“, sagt Aparicio. „Vieles hängt davon ab, dass die Menschen um sie herum richtig geschult werden.“

In nicht allzu ferner Zukunft werden Roboter Aufgaben, Werkzeuge und Arbeitsplätze völlig selbstverständlich mit ihren menschlichen Kollegen teilen – vielleicht sogar während sie mit ihnen plaudern. Bis dahin müssen sie die Werkstatt beim Reifenwechsel allerdings für sich allein haben.



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David H. Freedman ist ein Wissenschaftsautor aus Boston. Seine Artikel erscheinen unter anderem in The Atlantic, Newsweek, Discover, Marker by Medium und Wired. Er hat fünf Bücher veröffentlicht, das neueste trägt den Titel „Wrong“ über das Scheitern von Expertise.David H. Freedman ist ein Wissenschaftsautor aus Boston. Seine Artikel erscheinen unter anderem in The Atlantic, Newsweek, Discover, Marker by Medium und Wired. Er hat fünf Bücher veröffentlicht, das neueste trägt den Titel „Wrong“ über das Scheitern von Expertise.


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