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Regeln für autonome Fahrzeuge Steven Keeping

Selbstfahrende Fahrzeuge sind eine gute Idee. Wieso? Weil der Einsatz riesiger Mengen an Energie und wertvollen Ressourcen für die Herstellung komplexer Maschinen, die meist ungenutzt herumstehen, wohl kaum nachhaltig zu nennen ist. Wie Statista berichtet, hat die Automobilbranche im vergangenen Jahr 94,7 Millionen Leichtfahrzeuge – Pkw und Transporter – gefertigt. Diese Zahl wird bis 2023 voraussichtlich auf 111,7 Millionen steigen. Ein Großteil dieses Wachstums geht auf die chinesischen und indischen Mittelschichten zurück, die nach Möglichkeiten suchen, ihr neu erworbenes Vermögen auszugeben. Doch zumindest in den USA beschränkt sich die Rolle von Autos meist darauf, die Auffahrten der Einfamilienhäuser in den Vorstädten zu zieren. Nur etwa acht Prozent der Zeit werden diese Fahrzeuge genutzt, um Menschen von A nach B zu bringen.         

Doch auch wenn sie für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzt werden, erfolgt dies bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren nur mit Abstrichen. Der amerikanischen Zeitschrift The Atlantic zufolge gehen über 80 Prozent der aus dem Kraftstoff gewonnenen Energie aufgrund des schlechten Wirkungsgrads von Fahrzeugen verloren. Bei keiner Technologie in unserem Alltag wird mehr – oder auch nur annähernd so viel – Energie verschwendet. Elektrofahrzeuge haben einen wesentlich besseren mechanischen Wirkungsgrad. Allerdings verschlingt ihre Fertigung erhebliche Mengen an Energie. Zudem fallen bei ihrem Betrieb Kohlendioxidemissionen an, wenn der Strom nicht aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Doch auch Elektroautos stehen die meiste Zeit in der Garage. 

Es gibt Anzeichen dafür, dass die jüngste Generation potenzieller Autofahrer dieses zweifelhafte Modell infrage stellt. Weshalb sollten sie sich ein Fahrzeug kaufen, das sie unter all ihren Besitztümern am wenigsten nutzen, und dafür noch jährlich 13.000 US-Dollar für dieses Privileg zahlen? Jüngere Menschen erkennen zudem, dass sie durch Onlineshopping, Streaming von Filmen und Social Media vieles erledigen können, wofür früher ein Auto nötig war. Außerdem lebt ein Großteil der jungen Menschen in Städten, in denen sie eine Mischung aus Staus, fehlenden Parkplätzen und einem wieder erstarkten öffentlichen Nahverkehr von den Straßen fernhält.  

Die Millennials sind die Verbraucher von morgen und eine Generation, die an Mobilität anders herangeht. Diese Generation ist mit der sogenannten Gig Economy vertraut. So ist für sie die Bestellung eines Fahrdienstes über das Smartphone, wann und wohin sie möchten, die naheliegende Mobilitätslösung. Der Kauf einer teuren Blechkiste, die normalerweise nur auf einem Parkplatz oder im Stau herumsteht, ist hingegen keine Option. Deshalb überbieten sich Fahrzeughersteller, Anbieter von Fahrdiensten und die großen Internetfirmen in ihrem Bemühen, Flotten autonomer Fahrzeuge einzuführen, die nur bei Bedarf gemietet werden.

Software ist eine Herausforderung

Die Hardware autonomer Fahrzeuge ist bereits gut entwickelt. Technologien wie LIDAR, bei der mithilfe von Lasern ein dreidimensionales Umgebungsbild erstellt wird, Radar, GNSS, Vernetzung mit der Cloud, Sensortechnologie wie Näherungssensoren und Kameras arbeiten Hand in Hand und vermitteln dem „Gehirn“ des Fahrzeugs ein präzises Bild der Umgebung. Die Herausforderung beginnt mit der Auswertung all dieser Informationen: Der Computer im Fahrzeug berechnet, was sich innerhalb der nächsten Sekunden ereignet, um über die nächsten Schritte zu entscheiden.

Die Lösung für dieses komplexe Problem der Fahrzeugtechnik liegt den großen Akteuren zufolge darin, den Fahrzeugen die Denkweise des Menschen zu vermitteln. Deshalb zeigt man Fahrzeugcomputern mögliche Situationen und bringt ihnen bei, wie darauf reagiert werden kann. Das langsame Abbremsen eines vorausfahrenden Fahrzeugs bewirkt beim autonomen Fahrzeug einen allmählichen Bremsvorgang, eine rote Ampel löst ein kontrolliertes Anhalten aus, doch ein plötzlich auf die Straße laufendes Schulkind verursacht eine Notbremsung. Probleme entstehen, wenn die Situationen weniger eindeutig sind. So schreibt das britische Magazin Economist beispielsweise, dass eine über die Fahrbahn wehende Plastiktüte mit einem laufenden Kind verwechselt werden könnte, eine Pfütze mit einem Loch im Straßenbelag oder ein Schneehaufen mit einem schlecht geparkten Fahrzeug. Und was passiert, wenn ein Fahrzeug aufgrund einer Baustelle gezwungen wird, auf eine Route auszuweichen, deren digitale Karte nicht im Fahrzeugcomputer gespeichert ist?  

Zudem ist es nahezu unmöglich, Code für Algorithmen zu schreiben, die auf Informationen reagieren, auf die ein Autofahrer reagiert, ohne nachzudenken. Beispiele hierfür sind Radfahrer, die die Vorfahrt missachten, Fahrschüler, die beim Abbiegen das Blinken vergessen, oder ein betrunkener Passant, der auf die Straße taumelt. Es ist zudem schwierig, eine Software zu entwickeln, die Ausnahmen von festen Regeln zulässt. Dies könnte der Fall sein, wenn ein Fahrzeug auf einer zweispurigen Straße mit durchgezogener Mittellinie liegen bleibt. Ein Autofahrer fährt über die durchgezogene Linie, sobald es sicher möglich ist. Doch autonome Fahrzeuge könnten sich hartnäckig weigern, gegen diese Regel zu verstoßen. Womöglich warten sie daher, bis das Hindernis beseitigt wurde.

Das ist nicht die einzige Gelegenheit, bei der Autofahrer gegen die Verkehrsregeln verstoßen. So fahren Australier gewohnheitsmäßig auf der Überholspur einer mäßig befahrenen Autobahn, auch wenn sie von der Beschilderung aufgefordert werden, dies nur beim „Überholvorgang“ zu tun. Eigentlich ist die Lichthupe in Großbritannien ein Warnsignal für andere Autofahrer. Doch die meisten Briten nutzen sie, um einem anderen Fahrer zu signalisieren, dass er sich in den Verkehr einfädeln kann.  Und in Deutschland darf man laut der Straßenverkehrsordnung außerhalb geschlossener Ortschaft mittels Lichthupe anzeigen, dass man überholen möchte. Viele Deutsche nutzen sie aber auch verbotswidrig zum Grüßen.

Die Lösung des „falschen Problems“

In ihrem Bestreben, autonome Fahrzeuge möglichst schnell auf den Markt zu bringen, versuchen Fahrzeughersteller, das falsche Problem zu lösen. Die Anpassung von autonomen Fahrzeugen an die Fahrumgebung des Menschen ist so schwierig, wie die Gewöhnung an die ersten herkömmlichen Automobile, die Ende des 19. Jahrhunderts die Straßen von New York eroberten. Damals mussten sich die wenigen „pferdelosen Kutschen“ zwischen den etwa 100.000 Pferden der Stadt ihren Weg bahnen – und zwischen Millionen täglich ausgeschiedener Pferdeäpfel. Diese neumodischen Fahrzeuge kamen somit kaum über die normale Gehgeschwindigkeit hinaus.

Doch als das „Ford Model T“ in den 1920er-Jahren die Motorisierung erschwinglich und praktikabel machte, wurde die Verkehrsinfrastruktur von New York grundlegend neu gestaltet und auf die Bedürfnisse der Autofahrer zugeschnitten – Fußgänger, Radfahrer und natürlich auch Pferde waren dabei äußerst zweitrangig. Auch andernorts diktierte das Auto mehr oder weniger die Entwicklung, wie es im Los Angeles der 1920er-Jahre der Fall war. Die geringe Bevölkerungsdichte der Stadt und die ausufernden Vorstädte entstanden im Rahmen einer zehn Jahre anhaltenden rasanten Expansion, da Menschen diese Entfernungen mit ihren Autos leicht bewältigen konnten.    

Vergleichbar radikale Ansätze sind nun notwendig, um die sichere Einführung autonomer Fahrzeuge zu ermöglichen. Würde man die von Autofahrern gelenkten Pkw und die autonomen Fahrzeuge voneinander getrennt einsetzen, erübrigten sich viele Situationen, die den Computer im Fahrzeug womöglich überfordern. Dasselbe gilt für Fußgänger und Radfahrer – und natürlich diese lästigen Pferde. Hält man sie von den Fahrspuren autonomer Fahrzeuge fern, könnte man auf Tausende Codezeilen zur Vermeidung von Unfällen verzichten.

In Wahrheit werden aufgrund von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen die Erfahrungen aus der Vergangenheit vermutlich ignoriert. So werden wir über mehrere Jahrzehnte den Übergang von herkömmlichen zu autonomen Fahrzeugen gestalten und dabei das bestehende Straßennetz entsprechend anpassen. Doch eines Tages wird es üblich sein, ins Fahrzeug zu steigen und sich entspannt zurückzulehnen. Dann wird das System perfekt auf eine rein autonome Flotte ausgerichtet sein, die dem Geschäftsmodell von William Clay Ford Jr., Vorstandsvorsitzender der Ford Motor Company, entspricht. Ford Jr. erkannte bereits 2000, dass seine Firma künftig einen Bestand an Fahrzeugen vorhalten wird, um Autofahrern nur dann ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, wenn eine Fahrt ansteht.

Bis dahin steht Softwareentwicklern ein schwerer Kampf bevor. Leider werden die von ihnen konzipierten Fahrzeuge wohl auch in Unfälle verwickelt



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Steven Keeping besitzt einen Bachelor of Electronic Engineering with Honors (BEng (Hons.)) von der Brighton University (UK). Nach seinem Abschluss arbeitete sieben Jahre lang in der Elektronikabteilung von Eurotherm und BOC. Anschließend war er erst beim Magazin Electronic Production und danach 13 Jahre lang als Chefredakteur und Herausgeber für Elektronikfertigungs-, Test- und Designzeitschriften wie ‚What’s New in Electronics‘ und ‚Australian Electronics Engineering‘ bei Trinity Mirror, CMP und RBI in UK und Australien tätig. Im Jahr 2006 machte sich Steven Keeping als freier Journalist mit Fachgebiet Elektronik selbstständig. Er lebt in Sydney.


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