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KI für körperlich eingeschränkte Personen Michael Matuschek

(Quelle: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Künstliche Intelligenz (KI) hat viele Bereiche unserer Gesellschaft beeinflusst oder sogar revolutioniert, und mit jüngsten Entwicklungen wie Deep Learning oder Reinforcement Learning wird sich dieser Trend weiter beschleunigen. Diese Entwicklungen sind besonders interessant für Menschen mit körperlichen Einschränkungen wie z. B. Sehbehinderungen, Sprachbehinderungen oder fehlenden bzw. beschädigten Gliedmaßen. Sie eröffnen Möglichkeiten der Einbeziehung und Teilhabe an der Gesellschaft, die bis vor kurzem unerreichbar erschienen – für Menschen mit Einschränkungen macht Technologie das Leben nicht bloß „einfacher“, d. h. bequemer. Ziel ist es stattdessen, ihnen Aktivitäten zu ermöglichen, die vorher nicht oder nur schwierig umsetzbar waren.

 

KI-Lösungen für Sehbehinderungen

Während es seit geraumer Zeit unterstützende Technologien für Blinde – wie Bildschirmleser oder Braillezeilen – gibt, hat KI in letzter Zeit zu einigen wesentlichen Verbesserungen geführt. Mit leistungsfähigeren Sprachsynthese-Algorithmen sowie Smartphones oder dedizierten Hilfsgeräten ist die Verwendung der Text-to-Speech-Technologie (TTS) viel flexibler geworden und ermöglicht auch die mobile Ad-hoc-Nutzung, beispielsweise zum „Hören“ eines E-Books, ohne die Hände benutzen zu müssen. Dies ist auch eng mit den Fortschritten in der Bildverarbeitung verbunden, insbesondere bei der OCR (Optical Character Recognition), um Text für die Sprachsynthese zugänglich zu machen. Ein gutes Beispiel dafür ist Google Lens, das beispielsweise Text in einem Kamerabild eines Verkehrszeichens erkennen und verarbeiten kann. Die gleiche Logik gilt für STT-Apps (Speech-to-Text), die eine mobile und mühelose Textkommunikation ermöglichen, ohne dass eine Tastatur oder eine spezielle Software erforderlich wären, wie dies in der Vergangenheit der Fall war.

Ein entscheidender Aspekt, der noch mehr Aufmerksamkeit erfordert, ist jedoch das User-Interface-Design und dabei insbesondere die Fehlertoleranz. Für den normalen Benutzer sind die Falscherkennung eines Befehls oder ein Fehlstart leichte Ärgernisse, während dies für eine beeinträchtigte Person ein schwerwiegendes Hindernis oder sogar lebensbedrohlich sein kann, wenn sie etwa keinen Notruf tätigen kann. Ein Beispiel für diese Lücke im Interface-Design ist, wenn eine Sprach-Schnittstelle im Falle eines Fehlers eine Touch-Eingabe erwartet, die ein blinder Mensch möglicherweise gar nicht ausführen kann.

 

KI-Lösungen für Sprach- und Hörbehinderungen

Eine andere Anwendung für TTS und STT besteht darin, Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen zu unterstützen. Wenn z. B. die motorischen Fähigkeiten zum Tippen vorhanden sind, gibt TTS den Menschen eine Stimme. Eines der bekanntesten Beispiele ist das des verstorbenen Stephen Hawking, der eine speziell entwickelte Sprachsynthese-Software verwendete, um sich Gehör zu verschaffen. Ähnliche Software ist mittlerweile weit verbreitet.

Ein Beispiel für STT ist die Live-Transkription. Dies ist in erster Linie aus kommerziellen Gründen ein beliebtes Forschungsgebiet, aber eine zuverlässige und flexible Transkription ermöglicht es gehörlosen Menschen auch, Medien zu konsumieren, die zuvor nicht zugänglich waren. YouTube z. B. ermöglicht inzwischen das Aktivieren von Live-Untertiteln für viele Sprachen, sodass viele Unterhaltungs- und Bildungsressourcen einem breiteren Publikum offenstehen.

 

KI-Lösungen für die Prothetik

Während viele Fortschritte erzielt wurden, die Menschen mit Beeinträchtigungen indirekt helfen, (s. o.), gibt es natürlich auch Bereiche der KI-Forschung, die direkt auf die Linderung der Beeinträchtigung abzielen, in enger Kooperation mit der medizinischen Forschung. Einer der interessantesten Bereiche in dieser Hinsicht ist die Entwicklung von Prothesen. Während es anfangs nur vollständig unbewegliche Prothesen gab, sind mechanisch flexible Gliedmaßen inzwischen alltäglich geworden, und die jüngsten Fortschritte beim Algorithmus-Design in Kombination mit leistungsstärkeren und kompakten Chips führen in diesem Bereich zu signifikanten Verbesserungen. Beispielsweise reagiert eine moderne Prothese aufgrund verbesserter Signalverarbeitungs-Algorithmen nicht nur viel schneller auf Input des Nervensystems, sondern passt sich auch adäquat an die Umgebung an, etwa an unterschiedliche Bodenbedingungen. Dies ermöglicht eine viel natürlichere, „intuitivere“ Bewegung und verringert die Lücke zum Leben mit natürlichen Gliedmaßen.

Ein weiterer „klassischer“ Ansatz zur Verbesserung des Lebens von Menschen mit Behinderungen ist natürlich die Physiotherapie. In der Vergangenheit lag die Beurteilung des körperlichen Zustands einer Person in der Verantwortung der Ärztin oder des Arztes bzw. der Therapeutin oder des Therapeuten. In begrenzter Zeit und mit unvollständigen Informationen ist es jedoch oft schwierig, einen maßgeschneiderten, optimierten Behandlungsplan zu erstellen. Daher kommen häufig gängige Lehrbuchempfehlungen zur Anwendung, die der spezifischen Situation nicht gerecht werden.

Mit KI kann das besser gehandhabt werden. Zum Beispiel kann Bilderkennungs-Software kleinere Inkonsistenzen in Gang und Haltung analysieren, um maßgeschneiderte Übungen vorzuschlagen, und der Fortschritt kann viel engmaschiger verfolgt werden, was schnellere Verbesserungen ermöglicht. Dies führt auch zu einer höheren Motivation, da der behandelte Mensch nicht nur schneller Erfolge erzielt, sondern auch eine aktivere Rolle bei der Festlegung von Zielen und der Rückmeldung darüber spielt, was funktioniert und was nicht.

 

Zusammenfassung

Es gibt bereits viele KI-Technologien, um das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, entweder als „Nebenprodukte“ regulärer Technologien oder speziell für sie entwickelt. Dennoch gibt es noch viele technologische Herausforderungen, die verhindern, dass KI einen größeren Einfluss auf diesen großen und besonders empfindlichen Teil der Bevölkerung hat. Um wirklich bedeutende Fortschritte für die Inklusion zu erzielen, müssen politische Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie Unternehmen verstärkt darauf achten, dass Behinderungen bei der Entwicklung von Produkten berücksichtigt werden und im Idealfall auch Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsprozess einbezogen werden.

Ein weiteres Hauptproblem sind finanzielle Überlegungen. Versicherungen, aber auch Regierungen müssen Wege finden, um die Kosten für entsprechende Technologien flächendeckender zu erstatten und so mehr Menschen Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.

 



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Michael Matuschek ist Senior Data Scientist und lebt in Düsseldorf. Er hat einen Master-Abschluss in Informatik und einen Doktortitel in Computerlinguistik. Herr Matuschek hat an unterschiedlichen Projekten zur Verarbeitung der natürlichen Sprache in verschiedenen Branchen sowie im akademischen Bereich gearbeitet. Zu den von ihm behandelten Themen gehören die Stimmungsanalyse für Rezensionen, die Klassifizierung von Kunden-E-Mails sowie die Anreicherung fachspezifischer Ontologien. 


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