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2D-Materialien in piezoelektrischen Nanogeneratoren (PENGs) Liam Critchley

(Quelle: Ekaterina Shilova – stock.adobe.com)

Mit der Evolution von Technologien entwickelt sich auch die dahinter stehende Energieversorgung weiter. So wurden im Laufe der Jahre verschiedenste Komponenten zur Energieerzeugung, Energiespeicherung und Energy Harvesting entwickelt, die große elektronische Systeme und einzelne Elektrogeräte auf unterschiedliche Weise mit Energie versorgen. Im Rahmen der Entwicklung der Gesellschaft hin zu Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge (IoT) eröffnen sich viele Chancen für die Entwicklung ultrakleiner Geräte, die für die Automatisierung und Fernüberwachung sowie für telemedizinische Anwendungen genutzt werden können.

Für die Stromversorgung von Kleinstgeräten sind insbesondere bei Remote-Anwendungen unkonventionelle und autarke Stromversorgungssysteme erforderlich. Daher sind in den letzten Jahren verschiedene kleine Systeme zur Energiegewinnung (Energy Harvester) für die Stromversorgung kleiner Geräte in den Bereichen Medizin, Fernüberwachung und IoT auf Interesse gestoßen. Diese kleinen Systeme werden auch als Nanogeneratoren bezeichnet. Aufgrund ihrer geringen Größe sind sie klein genug für die kleinen Geräte, die sie mit Strom versorgen. Und trotz ihrer geringen Größe können sie genügend Strom liefern, damit sich viele Geräte in ihrer natürlichen Umgebung selbst aufladen können. Wenn viele einzelne Systeme in ein einziges Energiegewinnungssystem integriert werden, könnten Nanogeneratoren in einigen Fällen auch für die Energiegewinnung in großem Maßstab eingesetzt werden. Dies wurde bisher jedoch noch nicht in größerem Rahmen erforscht.

Es gibt zwar eine Reihe verschiedener Nanogeneratoren, aber sie werden alle in unterschiedlichen Betriebsumgebungen eingesetzt, da die Erzeugung einer elektrischen Ladung oft von den externen Einflüssen der Umgebung bestimmt wird. Einer der vielversprechendsten Nanogeneratoren, der viel diskutiert und erforscht wird, ist der piezoelektrische Nanogenerator – kurz PENG.

Nutzung des piezoelektrischen Effekts

PENGs nutzen den piezoelektrischen Effekt, um eine elektrische Ladung zu erzeugen. Der piezoelektrische Effekt entsteht, wenn eine elektrische Ladung durch die mechanische Dehnung/Stauchung eines Materials erzeugt wird. Der piezoelektrische Effekt ist ein reversibler Effekt, d. h. sobald diese Dehnung/Stauchung aufgehoben ist, fällt die elektrische Ladung weg. Das bedeutet auch, dass der piezoelektrische Effekt in die andere Richtung wirken kann: Wenn eine elektrische Spannung an das Material angelegt wird, verformt sich die atomare Struktur des Materials und erzeugt eine mechanische Verformung.

Betrachtet man die spezifischen Mechanismen, so wird die Piezoelektrizität durch die Umordnung von Ionen auf atomarer Ebene innerhalb des Festkörpergitters erzeugt. Die meisten piezoelektrischen Materialien sind von Natur aus anorganisch. Und wenn sie es nicht sind, haben sie irgendeine Form von Kristallstruktur (anorganische Materialien haben das auch). Das bedeutet, dass das Piezoelektrikum (in den meisten Fällen) eine regelmäßige und sich wiederholende Anordnung von klar strukturierten Kationen und Anionen innerhalb seines Atomgitters aufweist. Durch die Verformung der Ionen innerhalb dieses regelmäßig angeordneten Gitters wird eine elektrische Ladung erzeugt. Das Material behält insgesamt eine neutrale Ladung, denn die Gesamtladung des Materials ändert sich nicht, sondern nur die örtliche Verteilung der Ladungen auf atomarer Ebene.

Wenn also die Dehnung/Stauchung auf das piezoelektrische Material einwirkt, verschieben sich die entgegengesetzt geladenen Ionen von ihren ursprünglichen Positionen innerhalb des Gitters zu einem Punkt, an dem sie näher beieinander liegen. Diese Neuanordnung verändert das Ladungsgleichgewicht innerhalb des Gitters und induziert ein externes elektrisches Feld. Die Auswirkungen des Ladungsungleichgewichts durchdringen auch das gesamte Material. Die Folge ist das Auftreten einer Nettoladung – entweder positiv oder negativ – auf einer der Außenflächen des Kristalls. Dies führt zu einer Spannung an der entgegengesetzt geladenen Kristalloberfläche. Diese piezoelektrische Ladung kann genutzt werden. Wenn jedoch der Dehnungs-/Stauchungsreiz entfernt wird, kehrt das Kristallgitter in seinen natürlichen Zustand zurück und die Ladung verschwindet.

In bestimmten Szenarien, wie beispielsweise bei der Bewegung von Gliedmaßen im Bereich der Wearables, bei der Bewegung von inneren Organen im Bereich der implantierbaren Elektronik oder bei der Bewegung der lokalen Umgebung bei Remote-Sensing-/Überwachungsanwendungen, können Bewegungen Dehnungen/Stauchungen im piezoelektrischen Material auf atomarer Ebene erzeugen, die sich nutzen lassen.

In zahlreichen PENG-Anwendungen können die induzierten Dehnungen/Stauchungen und die daraus resultierende elektrische Ladung genutzt werden, um ein kleines Gerät zu betreiben, an dem der PENG angebracht ist. In bestimmten Anwendungsfällen, insbesondere im Bereich der Sensorik, kann der Nanogenerator dabei sowohl als Energiequelle wie auch als Sensor fungieren, da die erzeugte elektrische Ladung in Situationen, in denen eine Belastung vorliegt, als nutzbare und erfassbare Ausgangsgröße für den Sensor dienen kann.

Vorteile von 2D-Materialien für PENGs als Energy Harvester

2D-Materialien sind aus mehreren Gründen vielversprechend für PENGs im Bereich Energy Harvesting. So können aufgrund der natürlichen Dünnheit und geringen Größe von 2D-Materialien ultrakleine Energy Harvesting-Geräte entwickelt werden, die sehr kleine Knotenpunkte in IoT-Systemen und sehr kleine Sensoren in Remote-Überwachungsanwendungen mit Strom versorgen oder kleine implantierbare medizinische Geräte oder Wearables laden zu können. Bei der Verwendung dickerer Materialien würden dagegen Energiegewinnungs-/Stromversorgungssysteme entstehen, die zu groß und für diese Art von Anwendungen nicht praktikabel sind. Aus diesem Grund werden Nanomaterialien häufig für tragbare/implantierbare Elektronik, IoT und Remote-Sensing-Anwendungen eingesetzt.

Ein weiterer Aspekt ist die mechanische Festigkeit und Flexibilität vieler 2D-Materialien. Da der piezoelektrische Effekt durch einen bestimmten Grad an mechanischer Verformung ausgelöst wird, müssen die für die Erzeugung des elektrischen Stroms verwendeten Materialien robust sein und vielen Biegezyklen standhalten können. Durch ihre natürliche Dünnheit sind 2D-Materialien in hohem Maße flexibel. Graphen hat dabei die höchste Flexibilität, aber auch anorganische Materialien haben eine relativ hohe Flexibilität im Vergleich zu ihren dickeren Pendants und zu anderen anorganischen Materialien im Allgemeinen. In Verbindung mit einer hohen mechanischen Festigkeit bedeutet dies, dass die 2D-Materialien einer großen mechanischen Belastung standhalten können. Dies führt zu PENGs, die viele Biegezyklen verkraften und gleichzeitig in der Lage sind, eine elektrische Ladung über einen längeren Zeitraum zu erzeugen, als dies bei anderen Materialien der Fall ist.

Hinzu kommen noch die piezoelektrischen Eigenschaften. Im Allgemeinen sind piezoelektrische Eigenschaften bei einer Reihe von anorganischen Materialien bekannt, darunter natürliche und synthetische Kristalle, synthetische Keramiken, Halbleiter der Gruppe III-V und II-VI und verschiedene Metalloxidkomplexe. Auch viele verschiedene 2D-Materialien weisen bekanntermaßen piezoelektrische Eigenschaften auf, einige davon sind halbleitende Materialien. Im Hinblick auf die Materialien, die für PENGs in Frage kommen, sind derzeit hexagonales Bornitrid (h-BN), verschiedene halbleitende Übergangsmetall-Dichalcogenide, Monochalcogenide der Gruppe III und IV und chemisch modifiziertes Graphen die erste Wahl. Hierbei sorgt die chemische Modifizierung von Graphen dafür, dass es von Natur aus eher halbleitend als vollständig leitend ist, denn es hat natürlicherweise keine elektronische Bandlücke.

Wichtige Aspekte bei PENGs aus 2D-Materialien

2D-Materialien können zwar für die Herstellung von PENGs verwendet werden, aber wie jedes andere Material müssen auch sie richtig eingesetzt werden. In vielen Fällen ist die Piezoelektrizität nur bei ein- oder zweischichtigen 2D-Materialien gegeben. Über diese Schichtanzahl hinaus reicht die erzeugte Piezoelektrizität nicht mehr aus, um Geräte zu betreiben. Je mehr 2D-Schichten hinzugefügt werden, desto geringer ist der Piezoeffekt infolge der Gitterverzerrung, die durch die Dehnung und die daraus resultierende Ladungspolarisierung im Kristall verursacht wird. Je mehr Schichten, desto weniger flexibel ist das 2D-Material und desto geringer ist die induzierte Verformung und damit auch der Grad der Kristallpolarisation und der erzeugten elektrischen Ladung.

Bei einigen 2D-Materialien wurde noch ein weiteres interessantes Phänomen festgestellt, das als Schichtabhängigkeitseffekt bezeichnet wird. Dieser Effekt lässt sich zwar nicht bei allen 2D-Materialien beobachten, aber es ist nicht nur die Anzahl der Schichten, die die piezoelektrischen Eigenschaften des 2D-Materials beeinflusst, sondern es kommt auch darauf an, ob es sich um eine ungerade oder gerade Anzahl von Schichten handelt. Denn in manchen Fällen hat eine ungerade Anzahl von Schichten durchaus piezoelektrische Eigenschaften, aber sobald die Anzahl der Schichten gerade wird, entsteht in der anderen Schicht ein Gegengewicht, was wiederum zu piezoresistiven Eigenschaften führt. Sobald eine weitere Schicht hinzugefügt wird, kehren die piezoelektrischen Eigenschaften wieder zurück und so weiter, bis die Schichten zu dick werden, um überhaupt noch piezoelektrische Eigenschaften zu besitzen.

Man muss zwar sicherstellen, dass die 2D-Materialien auf die richtige Art und Weise verwendet werden, aber es gibt durchaus eine Reihe von 2D-Materialien, die eingesetzt werden können, darunter auch zahlreiche Materialien, deren dickere anorganische 3D-Pendants keine piezoelektrischen Eigenschaften besitzen. Inzwischen gibt es auch viele Möglichkeiten, ein- und zweischichtige 2D-Materialien kommerziell herzustellen, sodass die Herausforderungen nicht mehr so groß sind wie noch vor einigen Jahren. Bei der Entwicklung von kleinen Nanogeneratoren besteht also die Möglichkeit, auch andere als die traditionellen piezoelektrischen Materialien zu verwenden.

Fazit

Der piezoelektrische Effekt ist ein weit verbreitetes Phänomen bei vielen anorganischen Materialien, aber er lässt sich auch bei zahlreichen 2D-Materialien beobachten. 2D-Materialien, die eine piezoelektrische Ladung erzeugen können, lassen sich in einer Reihe von PENGs für die Stromversorgung kleiner Geräte einsetzen. Dabei bietet die Verwendung von 2D-Materialien in PENGs eine Reihe von Vorteilen, wie beispielsweise eine hohe Flexibilität und mechanische Festigkeit sowie eine natürliche Dünnheit. PENGs bieten ein großes Potenzial für die Erzeugung kleinerer Energiemengen in dezentralen Anwendungen, wie z. B. IoT, Überwachung oder medizinische Anwendungen.



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Liam Critchley ist Autor, Journalist und Spezialist für Wissenschaftskommunikation mit den Schwerpunkten Chemie und Nanotechnologie. Sein Augenmerk richtet sich insbesondere auf unterschiedliche Applikationsbereiche, bei denen die Grundprinzipien der molekularen Ebene eingesetzt werden. Critchley ist am bekanntesten für seinen informativen Ansatz und die Erklärung komplexer wissenschaftlicher Themen für Fachpublikum und die breite Öffentlichkeit. Er hat über 350 Artikel zu unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen und Branchen veröffentlicht, bei denen Chemie und Nanotechnologie eine Rolle spielen.

Critchley ist derzeit Senior Science Communications Officer bei der Nanotechnology Industries Association (NIA) in Europa. In den vergangenen Jahren hat er für die Websites von Unternehmen, Verbänden und Medien auf der ganzen Welt geschrieben. Bevor er zum Schreiben kam, erwarb Critchley zwei Masterabschlüsse in Chemie mit Schwerpunkt Nanotechnologie und Verfahrenstechnik.

Neben seiner Tätigkeit als Autor ist Critchley Mitglied des Advisory Board der National Graphene Association (NGA) in den USA, dem weltweiten Nanotechnology World Network (NWN) sowie Mitglied des Board of Trustees von GlamSci, einer gemeinnützigen Wissenschaftsorganisation in Großbritannien. Critchley ist auch Mitglied der British Society for Nanomedicine (BSNM) und der International Association of Advanced Materials (IAAM). Außerdem ist er als Gutachter für mehrere akademische Fachzeitschriften tätig.


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