Dioden und Varistoren haben von Aufbau und Funktion her nicht viel gemein, doch beide sind unverzichtbare Bestandteile des Schaltungsschutzes. Tatsächlich sind sie meistens sogar austauschbar, auch wenn in manchen Anwendungen die einen oder die anderen besser passen. Der Vergleich der beiden Spezies ist nicht immer einfach.
Dass Varistoren und Dioden ähnliche Aufgaben übernehmen, ist eine vergleichsweise neue Entwicklung. Ursprünglich wurden Dioden hauptsächlich bei der Gleichrichtung eingesetzt, und die später entwickelten Varistoren dienten zum Schutz solcher Dioden vor Überspannung. Aus dieser Geschichte heraus finden sich in Datenblättern für Dioden und Varistoren unterschiedliche Kenngrößen, was die Auswahl des perfekt passenden Bauelements nicht einfach macht. Dies setzt sich bis heute fort; so gibt es sogar zwei unterschiedliche Normen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen: AEC-Q101 für Zener-Dioden und AEC-Q200 für Varistoren.
Bei (Chip-)Varistoren (Bild 1) handelt es sich um ZnO-basierte keramische Halbleiter. Sie weisen im Allgemeinen einen laminierten Aufbau auf, wobei Durchschlagspannung und Kapazität von Zahl und Anordnung der einzelnen Lagen bestimmt werden. Ganz anders die siliziumbasierten TVS-Dioden (Transient Voltage Suppressor, Bild 2), die eine Kombination aus Halbleitern von P-Typ und N-Typ darstellen.
Bild 1: Aufbau eines typischen Varistor-Chips
Bild 2: TVS-Diode
Die Widerstands-Eigenschaften der beiden Bauelemente-Klassen verhalten sich, abhängig von der anliegenden Spannung, ähnlich (Bild 3). Während Chip-Varistoren bidirektionalen ESD-Schutz gewähren, werden TVS-Dioden zumeist unidirektional verwendet. In letzter Zeit lässt sich allerdings ein Anstieg bidirektionaler Dioden beobachten; dabei ist jedoch zu beachten, dass elektrische Eigenschaften hier durchaus richtungsabhängig sind.
Bild 3: IV-Kurven für verschiedene Bauelemente
In Bezug auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei Überspannung haben sich Varistoren und Dioden angeglichen, doch ein wesentlicher Unterschied besteht bei den Kapazitätsbereichen. Aufgrund der Multilayer-Struktur der Chip-Varistoren lässt sich die Kapazität des Bauteils mit Anzahl der Lagen variieren. Besonders bei kleinen Gehäusebauformen wie EIA0805 und darunter kann die maximale Kapazität um einen Faktor 100 größer sein als bei Dioden. In einigen Schaltungen, die eine parallele MLCC-Konfiguration erfordern, kann ein Chip-Varistor diese Aufgabe übernehmen.
Einige andere Größen werden in den Datenblättern beider Bauteilklassen angegeben und sind bei gleicher Spezifikation sehr ähnlich, was zu ähnlichem Verhalten in der Schaltung führt. Dazu zählen Einfügungsdämpfung, Impedanz und thermisches Verhalten.
In vielen Anwendungen ist die Baugröße ein entscheidender Faktor. In dieser Hinsicht können Chip-Varistoren aufgrund ihres Aufbaus deutliche Vorteile aufweisen. TDK hat etwa Bauteile im 01005-Format (0,4 mm x 0,2 mm) auf den Markt gebracht. Die kleinsten AEC-Q200-konformen Varistoren, TDKs AVR-H Varistoren , sind 1,0 mm x 0,5 mm groß (EIA0402) – Dioden gleicher Spezifikationen sind mindestens 2,2 mm x 2,5 mm (SOT-202) groß.
Die Widerstandsfähigkeit eines Varistors gegen wiederholte Spannungsstöße hängt wesentlich von der Materialzusammensetzung ab. Hier spielen besonders die Dotierungsmaterialien zum Basismaterial Zinkoxid eine Rolle. Für TDKs Chipvaristoren wurden proprietäre Kombinationen entwickelt, was zu besonderen Schutzeigenschaften führt. Auch in Anwendungen mit häufigen Ein-/Ausschaltvorgängen, etwa in Magnetventilen und Schrittmotoren, lassen sich Zenerdioden durch spezielle Varistoren ersetzen.